Jubiläumstörn 2013 -2014,  SY HEIDE-WITZKA

Tatort Rendsburg

Die Frage aller Fragen stellt sich am heutigen Abend wie folgt:

Wenn die Besatzung der HEIDE-WITZKA, nach 68 Kanalkilometern unter Motor, relativ genervt ob der eines im Normalfall windgetriebenen Fahrzeuges unwürdigen Geräuschentwicklung in Rendsburg festmacht, den Weg schnurstracks in ein Lokal mit südländisch aussehendem Personal, welches von sich behauptet, das Lokal, nicht das Personal, das Erste am Platze zu sein, lenkt, und dort den gebotenen Speisen unter Hinzufügen nicht unerheblicher Mengen vergorenen Traubensaftes südeuropäischer Herkunft schwelgt, und dabei derjenige, der zum Einen hauptverantwortlich für diesen Törn und zum Anderen Inhaber eines nachrangigen Qualifikationszeugnis und der Erlaubnis zum Führen motorgetriebener Wasserfahrzeuge mit einer Motorleistung jeneits von 6 PS und gleichzeitig eines akademischen Titels einer mir nicht zur Gänze bekannten wissenschaftlichen Fachrichtung ist, sein Glas mit vergorenem Traubensaft aus südeuropäischer Herkunft über die nicht zur Gänze aus südeuropaischer Herkunft stammende Teigspeise, welche landesweit und üblicherweise als Pizza bezeichnet und deren Herkunft ebenfalls einem südeuropäischen Land zugerechnet wird, was allerdings völlig falsch ist, über ebendiese Teigspeise entleert, dann stellt sich für die Besatzung die Frage, ob dies eine artegerechte Verwendung ebendieses Getränkes ist.

Oder was?

OK, ich gebe nach Hinweis meiner Lebensabschnittsgefährtin (ALAB=Aktuelle Lebensabschnittsgefährtin) zu, dass man dies auch kürzer formulieren könnte, da es unter bestimmten Umständen zu einer temporären Verwirrung des geneigten Lesers führen könnte, was mir einerseits unerklärlich, andererseits sowieso ziemlich egal wäre, und deswegen in Kurzform:

Nach 69 Kilometern unter Motor auf dem Kanal hat die HEIDE-WITZKA in Rendsburg festgemacht, die Crew ist zu Fuss (!!) in eine Pizzeria gewandert und Dr. Rudi hat seinen Wein auf die Pizza eines Mitseglers gekippt. Aus Versehen.

Wobei wir wieder bei der Frage wären, ob dies eine artgerechte Verwendung ist. Ist es nicht sagt der Bootsmann. Wobei sich mir die Frage stellt, ob der Bootsmann das aus seiner eigenorientierten Froschperspektive überhaupt abschließend beurteilen kann, wo er doch überhaupt nicht beteiligt war. Denn der Wein ist nicht auf Jonny´s Pizza gelandet, zum Zeitpunkt des Telefonats war er so mit seiner Pizza-Tonno beschäftigt, dass ich ihn während des gesamten Gespräches keinen Kommentar habe abgeben hören. Und das passiert höchst selten.

Dr. Rudi erklärte, dass das Problem weniger bei der mit Wein getränkten Pizza zu suchen ist, zumal es nicht die seine gewesen sei. Der Umstand, dass der gesamte Inhalt seines Glases dieser nicht (oder doch) artegerechten Verwendung zugführt wurde, führte einen Zustand herbei, der unter Seglern mit dem Begriff „Trockengefallen“ bezeichnet wird. Und, nun mal unter uns, das geht ja überhaupt nicht.

Das habe ich das letzte Mal mit Dr. Rudi vor mehreren Jahren in Norwegen erlebt, als uns die norwegische Zollverwaltung aus völlig unverständlichen Gründen den größten Teil unserer Grundnahrungsmittel beraubte. Und dann noch unverschämter Weise Geld dafür haben wollte.

Langer Rede, überhaupt kein Sinn: Dr. Rudi erklärte glaubhaft, dass es das nicht noch einmal erleben wolle (was ich nachvollziehen kann) und habe aus diesem Grunde ein weiteres Getränk geordert. Und hinsichtlich der artgerechten Verwendung lasse er keine Diskussion zu, er verfährt da nach alter Seglertradition:

„An Bord kann jeder machen was ich will!“

Morgen solls nach Strande oder Kappeln gehen, je nachdem, wie sich das Wetter entwickelt.

P.S.: Wieso kommt meine ALAB (Erklärung siehe oben) jetzt und sagt mir eindringlich, ich soll nicht so viel und vor allem was anderes rauchen……..

Nachsatz im Auftrag der ELAG (Einzige Lebensabschnittsgefährtin): Wer mal die Entstehung eines Logbucheintrages wie diesem miterleben will, ist herzlich zu einem Glas Wein eingeladen.  Ich brauche Unterstützung, alleine halte ich das nicht aus.