Jubiläumstörn 2013 -2014,  SY HEIDE-WITZKA

Die HEIDE-WITZKA und die Polizei

Was denkt sich der geneigte Leser, wenn er am Sonntagmorgen vor dem Buchholzer Schwimmbad ein Polizeifahrzeug stehen sieht und die Insassen, uniformierte Beamte, offensichtlich auf irgendetwas warten?

Richtig. Ich würde auf einen Vorfall tippen, der die polizeiliche Präsenz erfordert.

Nun versetzen wir uns mal gedanklich nach Nordafrika, genau gesagt in die marokkanische Hafenstadt Tanger. Und dort steht vor einem öffentlichen Bad (man beachte den Unterschied zwischen Schwimmbad und Bad) ein Polizeifahrzeug und wartet.

Nein, kein polizeilich relevanter Vorfall, oder jedenfalls keiner, der hoheitliches Handeln erforderlich macht. Oder vielleicht doch?

Des Rätsels Lösung?

Ganz einfach! Die HEIDE-WITZKA liegt im Hafen von Tanger. Und zwar an einer Boje, mehr oder weniger mitten im Hafenbecken.  Infrastrukturell und auch tatsächlich weit weg von Europa und europäischen Verhältnissen. Soweit die formelle Beschreibung des Zustandes, im Klartext heißt das, es gibt weder Strom noch Wasser noch Toiletten und Duschen.  Und Internet auch nicht, und deswegen müsse er, Jonny,  nun mit mir telefonieren, was aber grundsätzlich doch einfacher sei als eine E-Mail zu schreiben.

Wie der Skipper in diesem durchaus  längeren Telefonat gestern Abend erklärte, würden nicht nur, wie allgemein bekannt, die Römer spinnen, sondern die Nordafrikaner auch. Er, der Skipper (wie der geneigte Leser unschwer erkennen wird, handelt es sich um den schon mehrfach in diesem Logbuch erwähnten Bootsmann) laufe mit der HEIDE-WITZKA in Tanger ein und suche einen Liegeplatz. Es sei zwar grundsätzlich normal und auch zu erwarten gewesen, dass er, der Bootsmann, von den örtlichen Behörden erwartet werden würde und deswegen sei das umgehende Erscheinen der örtlichen Polizeibehörde, um die Einklarierungsprozeduren abzuwickeln, durchaus angemessen. Aber, und das sei eine Frechheit, ihm einen Liegeplatz an einer Boje mitten im Hafenbecken anzuweisen und dafür auch noch Geld zu verlangen, das gehe dann doch zu weit.  Ohne jede Landanbindung, keine Wasser und kein Strom, und Toiletten und eine Dusche für die Crew gäbe es auch nicht.

Das habe er natürlich so nicht hinnehmen können und er habe das erst mal mit den örtlichen Behörden ausdiskutiert.  (An dieser Stelle kamen mir bei dem mündlichen Bericht des Skippers das erste Mal ernsthafte Bedenken…..)

Nicht nur die doch erheblichen Telefonkosten, auch meine Nerven verbaten es mir, nach Details der Konversation zwischen Bootsmann und nordafrikanischen Behörden zu fragen, letztlich ist ja nur das Ergebnis das, was zählt. Und da kommen wir nun wieder zu den weiter oben niedergelegten Bemerkungen hinsichtlich des vor dem (Schwimm-)Bad befindlichen Polizeifahrzeuges.

Das Ergebnis der Diskussion zwischen den Beteiligten stellt sich wie folgt dar:

  • Der Bootsmann verlässt das Schiff nicht und bewacht dieses.
  • Aufgrund zunehmender Wasserknappheit gleicht er den temperaturbedingten Flüssigkeitsverlust mit dem in ausreichender Menge vorhandenem Bier aus
  • Er wird assistiert von Abdul, der auf einer ausgedienten Fähre, ebenfalls mitten im Hafenbecken liegend, lebt. Wie der Bootsmann Abdul kennen gelernt hat, entzieht sich meinen Kenntnissen
  • Die Crew wird selbstverständlich in regelmäßigen Abständen von einem nordafrikanischen Polizeifahrzeug zu dem oben schon erwähnten öffentlichen Bad gefahren, um dort das zu tun, was nordeuropäische Segler an solchen Orten halt tun.
  • Selbstverständlich kümmert sich der Kommandant der Hafenpolizei um einen deutschsprachigen Fremdenführer, der der Crew die Geheimnisse der afrikanischen Metropole inklusive der orientalischen Märkte näher bringt, während der Bootsmann mit Abdul das Schiff bewacht.
  • Selbstverständlich übernimmt Abdul alle anfallenden Einkäufe, während der Bootsmann das Schiff bewacht. Das kann er ja auch viel besser, weil er ist Einheimischer, spricht die Sprache und kennt die besten Preise, und außerdem kann der Bootsmann nicht weg, weil er ja das Schiff bewachen muss.

Soweit die aktuelle Situationsbeschreibung in Tanger. Ich muss einräumen, dass ich nach dieser Konversation erst mal bei einem Glas Rotwein nachdenken musste und schließlich zu dem Schluss kam, eine Nacht über die erhaltenen Informationen zu schlafen und den Bericht dazu erst heute Morgen zu schreiben.

Erinnerungen an bestimmte Konversationen zwischen einem Werftbesitzer in Antibes und dem Bootsmann, denen  ich beiwohnen durfte,  kamen wieder hoch, und das zugegeben erste Mal in meinem Leben war ich dankbar, dass mich meine beruflichen Wege vor langer Zeit zu der niedersächsischen Polizei und nicht zur Hafenpolizei von Tanger geführt haben.

Wie geht es weiter?

Meine Frage,  was die HEIDE-WITZKA denn immer noch in Tanger mache, beantwortete der Bootsmann mit durchaus trefflichen Gründen.

Eigentlich war bereits für gestern ein teilweiser Crewwechsel angesagt. Zwei Segler sind planmäßig ausgestiegen, und Jürgen Janz und Michael Kreidner sollten einsteigen. Sollten!

Aus unbekannten Gründen langweilen sich beide aber seit geraumer Zeit (Stand Samstagabend) auf dem Kölner Flughafen, weil ein Flug schlicht storniert worden ist. Weder lustig noch erfreulich, nähere Informationen hatte der Bootsmann aber auch nicht. Er ist allerdings guter Hoffnung,  dass beide am Sonntag eintreffen und er dann lossegeln kann.

Womit sich die nächste Herausforderung auftut: Der nächste akzeptable (was als akzeptabel zu bezeichnen ist, erschließt sich mir nicht zu Gänze, aber Jonny wird es wissen) Hafen ist Rabat. Schlappe 180 Meilen.

Tanger-Rabat

Ich bin auf den nächsten Bericht gespannt.